Kann sich in Deutschland eigentlich jeder alles erlauben?

  • Die heutige Generation trägt selbstverständlich keine Veranwortung für die Verbrechen , die damals im "Dritten Reich" begangen wurden. Aber als Deutscher muß ich sie als Teil unserer Geschichte annehmen, so wie ich mich auch zu den unstrittigen Erfolgen unserer Geschichte bekenne: Aufklärung, Föderalismus, Kunst ,Literatur und Wissenschaft, um nur einige zu nennen.

    Gruß
    rabenvogel

  • Vorsicht bei der Diskussion:
    die Deutschen gibt es nicht, aber Deutschland hat eine historisch bedingte besondere Verantworung gegenüber den Juden.

    Gruss

    "Krieg ist ein zu ernstes Geschäft, als daß man ihn den Generälen überlassen dürfte." Georges B. Clemenceau (1841-1929), Französischer Journalist und Politiker/Ministerpäsident

  • das akzeptiere ich, rabenvogel, aber ich habe meine deutsche identität in der auseinadersetzung mit meinem vater, einem nazi, verloren, und bin aus der deutschen staatsbürgerschaft ausgetreten!

    gruss

    "Krieg ist ein zu ernstes Geschäft, als daß man ihn den Generälen überlassen dürfte." Georges B. Clemenceau (1841-1929), Französischer Journalist und Politiker/Ministerpäsident

  • Amsterdammer,
    Deine Entscheidung kann ich verstehen, aber ich glaube nicht, daß Du mit der deutschen Staatsangehörigkeit auch Deine Identität aufgegeben hast. Aber an einer solchen Bürde trägt man schwer, obwohl man für die Taten seiner Vorfahren keine Verantwortung trägt. Ich komme von der anderen Seite. Mein Großvater wurde in "Schutzhaft" genommen, zwei meiner Onkels waren Mitglieder der Christlichen Gewerkschaftsbewegung und haben sich der Gleichschaltung in die "Deutsche Arbeitsfront" aktiv widersetzt.

    Gruß
    rabenvogel

  • Ich habe kein Problem damit die damalige Geschichte anzuerkennen (was bleibt mir anderes übrig?)
    Aber ich habe ein Problem mit Leute die heute noch Geld fordern für ihre Verwandeten die seit 60 Jahren tot sind - ich sehe ein dass Deutschland die Leute bezahlt die heute Schäden davontragen (Veteranen - aber auf _allen_ Seiten) aber nicht irgendwelche Nachkommen. Wenn ich durch den Krieg mein Großeltern verloren hätte (was ich glücklicherweise nicht habe, sind halt nur "früher" gestorben weil man keine Kinder bekommen hat im Krieg) fragt mich doch auch keiner ob ich Entschädigung dafür haben will.
    Ich stimme zu, dass Deutschland eine besondere Verantwortung hat gegenüber den Juden - aber ICH nicht. Und meine Eltern auch nicht. Aber sie zahlen Steuern... ist also eine Zwickmühle.

    Amsterdammer: Naja, verständlich - aber ich würde immer noch sagen, dass du Deutscher bist. Nur eben kein Nazi. Man sollte hier genausowenig wie überall anders verallgemeinern. Deutsch=Nazi stimmt genausowenig wie ausländer=sch...
    xeen

  • Zitat von Sebastian

    So wieviele werden mcih jetzt als Nazi beschimpfen?

    Hab das schon oft genug im ausland und auhc heir in deutschland erleben müssen :x


    full ack...

  • Ich bin Deutscher , darauf bin ich weder stolz noch schäme ich mich deswegen. Diese Emotionen beziehe ich allein auf mein Tun, für das ich persönlich verantwortlich bin und nicht auf Gegebenheiten, die allein historisch bedingt sind. Was ich damit meine, möchte ich an der Geschichte meines Geburtsortes in den letzten 250 Jahren verdeutlichen:
    !755 gehörte der Ort zum Herzogtum Lothringen, dann zum Königreich Frankreich, dann zum Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, dann zur Republiqiue Francaiise, dann zum Empire Francaise, dann zum Königreich Preußen, dann zum Saargebiet, dann zum Deutschen Reich, dann zum Saarland ab 1957 zur Bundesrepublik Deutschland.
    (Kurze Erläuterung für Staatsrechtler:Die deutsche Staatangehörigkeit gibt es erst seit 1919, nach Einführung der Weimarer Verfassung. Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 war man Deutscher, wenn man die Staatsangehörigkeit eines Staates innerhalb des Deutschen Reiches hatte: man war also Deutscher, wenn man Staatsangehöriger des Königreichs Preußen oder die der Freien und Hansestadt oder des Großherzogtums Baden usf galt. So wie man heute als Angehöriger der Eruropäischen Union gilt, wenn man die Staatsangehörigkeit eines ihrer Mitgliedsstaaten besitzt.)

    Jetzt möchte ich noch einiges zur Ansicht sagen, daß man als Mitglied eines Staates nicht in die Pflicht genommen werden sollte für die Taten vergangener Generationen.
    Wenn Nation überhaupt einen Sinn ergibt, dann im Verständnis einer Schicksalgemeinschaft. Eine Nation stellt für mich ein unauflösliches Geflecht der uns vorhergegangen und der uns nachfolgenden Generationen mit den heute Lebenden in einem gemeinsamen Staat dar. Deshalb stehen wir in der Schuld(nicht nur in der Bedeutung von schuldig geworden sein)der vergangen Generationen , der wir nur gerecht werden, wenn Verantwortung übernehmen für Lebenden und die Menschen künftiger Generationenübernehmen.
    Daß ich zur deutschen Nation als Schicksalgemeinschaft gehöre, bedeutet für mich auch, daß ich auch Menschen als Deutsche akzeptieren muß, die mir im tiefsten Herzen zuwider sind.. Das muß ich als Deutscher auch aushalten.
    Entschuldigt die allzu pathetische Ausdrucksweise, es mußte aber sein.

    Gruß
    rabenvogel

  • Stimme Rabenvogel 100% zu:
    Meine Herkunft ist, wie sie ist, das ist weder mein Verdienst noch meine Schuld.
    Stolz bin ich, wenn mir eine gute Leistung gelungen ist, sei es sportlicher oder beruflicher Natur, wenn ich etwas "geschafft" habe.
    Das war es auch, was J. Rau bei seinem Amtsantritt als Bundespräsident gemeint hat, woraus ihm dann seine politischen Gegner vollkommen ungerechtfertigt einen Strick drehen wollten.
    Ich bin aber gewiß nicht "stolz", nur weil ich deutscher Herkunft bin oder wenn z.B. Deutschland Fußball-Weltmeister wird, ich freue mich natürlich (aber auch nur, wenn sie's verdienen! ...), aber "stolz" bin ich deswegen nicht - warum auch, das ist nicht meine persönliche Leistung, und ich habe mit den Leuten auch persönlich nichts zu tun.
    Umgekehrt fühle ich mich aber auch nicht schuldig für die Verbrechen der Nazis oder andere "deutsche" Heldentaten. Ich war damals nicht da. Wie ich mich verhalten hätte, wenn ... das ist reine Spekulation.
    Und die Fuzzies, die immer glauben, man müsste die "Deutschen" an ihrer Nazi-Vergangenheit messen, die sollen erstmal vor der eigenen Türe kehren. Leider haben unsere politischen Führer kein Rückgrat, sonst wäre das längst erledigt. Wenn du einem Amerikaner mit der Sklaverei oder der Ausrottung der Indianer kommst, da winkt der nur müde ab. Nur wir, unsere Kinder und Kindeskinder, stehen in der Schuld bis in alle Ewigkeit. Und was macht Israel? Darüber darfst du ja bei uns nicht mal laut reden ... *Duck und weg*

    Grüße, Ziggy

    Ein ganzes Leben ohne Alkohol kann tödlich sein!

  • Zitat von Ziggy

    Und die Fuzzies, die immer glauben, man müsste die "Deutschen" an ihrer Nazi-Vergangenheit messen, die sollen erstmal vor der eigenen Türe kehren. Leider haben unsere politischen Führer kein Rückgrat, sonst wäre das längst erledigt. Wenn du einem Amerikaner mit der Sklaverei oder der Ausrottung der Indianer kommst, da winkt der nur müde ab. Nur wir, unsere Kinder und Kindeskinder, stehen in der Schuld bis in alle Ewigkeit. Und was macht Israel? Darüber darfst du ja bei uns nicht mal laut reden ... *Duck und weg*Grüße, Ziggy

    Nene, nich *Duck und weg*, sondern Applaus !! Besser kann man es nicht ausdrücken.

    Die Amis und das Empire hatten halt immer das bessere Marketing. Die drehten über 1000 sog. "Indianerfilme" und keiner sprach vom "Holocaust", wenn die Ureinwohner Amerikas ausgerottet wurden.

    Ein "Drittes Reich" darf sich niemals wiederholen. Aber wann hören endlich unsere Weicheier von Politikern auf, die Schecks für Israel auszustellen.

  • Amsterdammer:
    Sorry, aber

    Zitat

    Vorsicht bei der Diskussion:
    die Deutschen gibt es nicht, aber Deutschland hat eine historisch bedingte besondere Verantworung gegenüber den Juden.


    ist für mich ein der ewiggestrigen Aussagen. Völliger Blödsinn, weil
    a) es einen Erbschuld und somit faschistische Sippenhaft beinhaltet,
    b) es keine Verantwortung gegenüber einem bestimmten Volk geben darf, weil dieses dann besser gestellt und andere (Opfer wie unbetroffene) berabgesetzt werden. Ich behandle eine Menschen jüdischen Glaubens nicht anders, als jeden andere auch, alles andere wäre Faschismius in reinster Form, nämlich Unterschiede zu machen.
    c) hat nicht nur Deutschland eine Veranwortung gegenüber möglichen Opfern, sondern jeder moralisch denkende Mensch. Denn das höchste Gut eines Menschen ist sein/ihr Menschenrecht, also das Recht Mensch zu sein, dazu gehört auch die Freiheit. Dieses Recht zu schützen sollte und muß das Ziel eines jeden Menschen sein, denn es beinhaltet auch egoistisch betrachtet seinen eigenen Schutz.
    Und dabei gibt es keine besonderen Verantwortungen. Das sind, sorry wenn es nach persönlichem Angriff klingt, nach Menschen, die nichts aus der Vergangenheit gelernt haben.
    Und genau deswegen sind Vergleiche sogar immens wichtig und man muß von der Einzigartigkeit ablassen, denn die bedeutet, daß soetwas nie wieder passieren kann, und dieser Gedanke ist der erste Fehler und Schritt zu einer Wiederholung dieser menschenverachtetend Tat, was wir alle nicht wollen.
    Was die wichtigste Erinnerung daran sein sollte: Es kann jeden treffen. Irgendwie gehört man immer in eine Gruppe, und solch ein Haß kann auf jede fallen, egal welcher Religion, Hautfarbe, Herkunft etc. Ich z.B. bin Brillenträger und sehe gerade mal besser als ein Maulwurf, daß ist bei mir schon mal eine Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die es treffen kann.
    Wehret den Anfängen, alle Menschen haben die gleichen Menschenrechte, das verbietet auch besondere Verantwortungen die ein Gruppe über eine andere setzt.

    Edit Das Wort Belehrung auf der ersten Seite finde ich auch daneben, denn es bedeutet daß man einfach ungefragt nachbetet. Ich denke, es ist besser zu verstehen. Lieber - frei nach dem "Club der toten Dichter" - 17jährige Freidenker. Wer selber denkt, wird schwerer gelenkt, da beißen sich auch Faschisten die Zähne aus.

  • Hallo Fraggle,
    ich muß gestehen, daß mir Deine Argumentation einleuchtet, trotzdem würde ich gern einige kritische, wenn auch noch nicht ganz durchdachte Bemerkungen dazu machen.
    Das klingt alles sehr nach dem Kategorischen Imperativ des Immanual Kants. Der hat seine Gültigkeit, weil er eine allgemeine Regel aufstellt, der man eigentlich nur zustimmen kann. Meiner Meinung nach erhebt er sich aber über die menschliche Realität Wir verteilen unsere Sorgen, unser Mitgefühl, unsere Anteilnahme, unsere Verantwortung nicht gleichermaßen auf alle Menschen. Wir unterscheiden nach Verwandtschaftsgrad,nach Nationalität, nach Sympathie , nach Alter, nach Geschlecht usf. In Notfällen z. B. sollen Kinder und Frauen zuerst gerettet werden.
    Niemand würde ernsthaft diese Regel als diskriminierend diffamieren wollen.
    Das "Dritte Reich" hat seine staatliche Macht und seine Möglichkeiten in den Dienst der Vernichtung des jüdischen Volkes gestellt. Männer, Frauen und Kinder wurden nicht wegen einer Veranlagung, nicht wegen politischer Überzeugung oder Gegnerschaft,nicht wegen "Landes- oder Hochverrates" getötet, sondern allein, weil sie als dem jüdischen Volk zugehörig angesehen wurden. dasselbe Schicksal mußten auch die Zigeuner und Teile osteuropäischer Völker erleiden. Für mich ist es deshalb evident, daß Deutschland in besonderer Weise für diese Opfer Verantwortung übernehmen muß .Dadurch werden die Opfer der Greueltaten an den Indianer durch US-Bürger, die Opfer des stalinistischen Terrors in der UdSSR und der osteurpäischen Staaten nicht verharmlost oder gar übersehen.
    Ich stimme Dir zu, daß wir heute überall auf der Welt genau hinschauen müssen, wo Menschen gefoltert, unterdrückt und gedeütgt werden und eigentlich alles tun müßten, um solche Taten zu verhindern.
    Ich für meine Person muß leider gestehen, daß ich aus Bequemlichkeit es immer noch nicht geschafft habe, Amnesty International beizutreten.
    Ich glaube aber, daß ich nicht der einzige bin, der am Schreibtisch sich über Moral und Verantwortung den Opfern ausläßt, und dann das wenige, was man tun könnte unterläßt. Aber das klingt schon wieder verdammt nach Rechtfertigung.

    Es grüßt ein etwas ratloser
    rabenvogel

  • Zitat von rabenvogel

    Ich für meine Person muß leider gestehen, daß ich aus Bequemlichkeit es immer noch nicht geschafft habe, Amnesty International beizutreten.
    Ich glaube aber, daß ich nicht der einzige bin, der am Schreibtisch sich über Moral und Verantwortung den Opfern ausläßt, und dann das wenige, was man tun könnte unterläßt. Aber das klingt schon wieder verdammt nach Rechtfertigung.

    Mag sein. Es macht Dich aber wieder einmal mehr noch sympathischer :wink:

  • Zitat von Fraggle

    Amsterdammer:
    Sorry, aber


    ist für mich ein der ewiggestrigen Aussagen. Völliger Blödsinn, weil
    a) es einen Erbschuld und somit faschistische Sippenhaft beinhaltet,
    b) es keine Verantwortung gegenüber einem bestimmten Volk geben darf,

    Tja, Fraggle, da werden wir wohl unterschiedlicher Ansicht bleiben, es hat keinen Zweck, dass ich meine Position nochmals durchkaue, aber vielleicht bringt Dich eine Rede des deutschen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse ja zum Nachdenken. Achte besonders auf die verwendung der Begriffe "Schuld" und "Verantwortung".

    Zitat von Wolfgang Thierse

    ... Die Schuld, die Deutschland auf sich geladen hat, darf nie vergessen werden. Wenn diese Schuld auch nicht übertragbar ist: die Verantwortung, die aus ihr erwächst, ist sehr wohl übertragbar. Ich betrachte es als Verantwortung meiner Generation und unserer Nachkommen, dass die Vergangenheit stets als Mahnung präsent bleibt: Die Verbrechen der Nationalsozialisten sind in ihren Ausmaßen und in ihrer Brutalität einzigartig. Wir müssen dafür sorgen, dass sich Vergleichbares niemals wiederholt....

    Quelle: http://www.bundestag.de/bic/presse/2002/pz_020901.html

    Zur hier beschriebenen Verantwortung gehört, daß der Holocaust nicht relativiert werden darf. Genau das hat der Kardinal mit seiner Predigt gemacht (Auslöser dieses Threads ), indem er eine Paralelle gezogen hat zwischen dem Holocaust und der Abtreibungspraxis der heutigen Zeit.

    Der Mann ist verantwortungslos und gehört von der Kanzel verjagt, bevor er noch mehr Unheil anrichtet!

    Gruss

    "Krieg ist ein zu ernstes Geschäft, als daß man ihn den Generälen überlassen dürfte." Georges B. Clemenceau (1841-1929), Französischer Journalist und Politiker/Ministerpäsident

  • rabenvogel und amsterdammer:
    Also so wie ich das lese schreibt ihr von einer schlimmen Tat und dass sich eine schlimme Tat nicht wiederholen darf. Kann ich viel eher akzeptieren als "wir" und "die deutschen" - weil es auf alle bezogen ist.
    Warum sollten nur die Deutschen (oder Deutschland) wegen dem Antisemitismus o.ä. verantwortung zeigen etc.
    Selbiges trifft auf für alle anderen Länder zu, Religionen etc. etc.

    Das entspricht dann der Idee einer Demokratie (eine richtige gibt es ja nicht), aber nicht wie die Übertragung auf jem. bestimmtes.
    Wenn Thierse mit der übertragenen Verantwortung Deutschland meint, dann naja, hatten wir ja schon, auch eine super Gruppenbildung, ansonsten hat er recht (hat er aber nicht explizit gesagt. Sprachlich ungenau würde unser Deutschlehrer schimpfen...)

    noch speziall rabenvogel: Du sprichst von "die Opfer". Eine Definition wäre da nicht schlecht, sind Enkel immer noch Opfer? Sinds nur die unmittelbar betroffenen selbst? Noch deren Kinder wegen der Elternlosenzeit?
    Davon abgesehen - wenn man wieder von "Opfern" spricht ist keine genauere Bestimmung dabei. D.h. jeder "Täter" gegenüber den Opfern - also auch z.b. als Negativ-Beispiel die USA gegenüber den Indianern oder Japan (wo es heute noch zahlreiche unmittelbar betroffene gibt) oder die Udssr (bzw. "Nachfolger") gegenüber den deutschen Kriegsgefangenen.

    Jetzt kommt man zur feststellung: Im großen und ganzen ist Deutschland sowieso an allem schuld, jaja die Nazis halt => deutschen dürfen nicht auch nur annähernd nationalistisch denken, denn die sind ja sofort wieder nazis) und deswegen müssen die auch brav bezahlen an Leute die eigentlich garnicht mehr leiden (z.B. Juden von heute, oder das komische "Denkmal" in Berlin).
    D.h. entweder: Super, Deutschland geht als gutes Beispiel voran, weiter so!
    oder: Deutschland wird von allen fertiggemacht bzw. lässt sich fertigmachen und zahlt deswegen bis zur Verg... bis zum bitteren Ende...

  • Natürlich darf man nicht leichtfertig einen Vergleich ziehen.
    Ich halte es nur für leichtfertig einer Verantwortung gegenüber einer bestimmten Gruppe zu reden, denn dann das kann blind auf einem Auge machen.
    Ich denke man hält die Ehre der ermordeten am höchsten, wenn man das Augenmerk auf Rassismus setzt, weil das Antisemitismus beinhaltet. Es waren Opfer, weil sie einer Gruppe angehörten, in diesem Fall hauptsächlich Juden. Ich betrachte es nicht als meine Verantwortung gegenüber Juden auf Bekämpfung des Rassismus zu achten, sondern als meine Verantwortung gegenüber allen unterdrückten und diskrimierten Menschen. Und nicht wegen der Vergangenheit, die macht es uns nur leichter das zu erkennen. Es ist die Aufgabe eines jeden Menschen, unabhängig der Herkunft. Denn wir haben alle die gleichen Rechte. Auf die Art will ich die Opfer des 3. Reiches und dessen Widerständler auf allen Seiten ehren, in dem ich gegen jede Art von Rassismus vorgehe und nicht nur ein Augenmerk habe. Ich denke, daß wäre auch im Sinne der Opfer. Ich denke so weit liegen wir nicht auseinander, ich glaube nur, ich definiere es besser als Thierse, weil ich keine Gruppe ausklammere, was er indirekt macht. Das halte ich für blauäugig.
    Im Übrigen ist jedes Verbrechen an der Menschheit einzigartig, die Nutzung der KZ nach dem Krieg durch die Russen, deren Gulags, die Caesarenzeit (als Titel, nicht die Person Caesar an sich gemeint) der Römer. Alle auf ihre Art. Ich finde es schon als einen perversen Sport die Einzigartigkeit schlechthin zu beschreiben, wer denkt dann bitte schön noch an die Opfer? Es interessiert die bestimmt nicht im Mindesten aus welcehm Grund sie bestialisch aus niedrigsten Beweggründen ermordet wurden. Wenn man aber endlich die Diskussion um die Einzigartigkeit an sich ruhen ließe, dann könnte man wieder den Blick auf das werfen, was wichtig ist, nicht in der Vergangenheit zu leben und zu verhindern, daß solche Taten sich wiederholen. Ein Festbeißen an einer bestimmten Definition dieser Tat heißt, sich eventuell nur in eine Richtung zu fixieren und dabei anderes zu übersehen.
    Letztendlich spielt wieder mal die Großmannssucht in Deutschland eine Rolle: "Nur wir können diese Verantwortung haben". Das kann ich nicht glauben, muß in der Geschichte in jedem Land erst ein derartiges Verbrechen passieren, damit die anderen auch eine Verantwortung tragen? Nein, ich denke nicht, wir leben auf einem Planeten, in einer Umwelt, wir verdanken vielen Völkern irgendetwas, wir haben alle Nachbarn, Freunde aus unterschiedlichen Regionen der Welt. Wir unterschieden uns vom Tier, weil wir nicht nur aus Nahrungsgründen getötet haben, aber auch, weil wir eine Moral entwickelt haben, die zeitweise äußerst fragwürdig war. Aber diese Moral entwickelt sich weiter, zum Schutz der Art (mal salopp biologisch ausgedrückt). Und diese Moral sollten allen Menschen sagen, daß jeder von uns das Recht hat zu leben, frei zu sein. Das sollte unsere Triebfeder sein, denn wenn alle die gleiche Triebfeder haben, läßt es sich leichter an einem Strang ziehen, dann werden auch keine Unterschiede gesehen.
    Was momentan abgeht, halte ich für Hohn gegenüber den Opfern, weil sie instrumentalisiert werden (von unseren Politikern!!, von anderen rede ich nicht). Größer, besser, schuldiger, alles in der Steigerungsform. Die Erinnerung wird doch größtenteils als Werbemittel verwendet, um sich publik zu machen, gut dazustehen, "die anderen, aber nicht ich". Wo liegt da die Ehrung der geschändigten, ermordeten? Nie wieder Rassismus, nie wieder Unterschiede. Ohne wenn und aber, ohne besondere Verantwortung, denn die haben wir alle gegenüber der Menschheit, weil wir alle zusammengehören. "Und wer frei von euch von Schuld ist, der werfe den ersten Stein"

  • Hallo xeen,
    nur eine kurze Antwort auf Deine Frage, ob auch die Enkel der Opfer von Verbrechen noch als Opfer genannt werden sollten. Die Antwort ist kurz und knapp :Ja.

    Kurze Begründung:
    Die Auswirkungen einer solchen Tat hat auch Auswirkungen auf das Selbstverständniss und Selbstbewußtsein der folgenden Generation. Gerade in den letzten Jahren ist zu diesem Thema eine ganze Anzahl von Büchern erschienen . Aber auch die Nachkommen der Täter haben Probleme mit ihrer Identätsbildung. Wie wäre Dein Gefühl erfahren zu müssen, dein Großvater wäre an den Verbrechen beteiligt gewesen und hätte Säuglinge mit dem Kopf gegen eine Wand geschmettert.
    Auch dazu gibt es eine Reihe von Büchern.
    Auch Kinder, die einen Elternteil durch ein Gewaltverbrechen verloren haben, können ihr Leben danach nicht mehr unbeschwert weiterleben.
    Noch eine kurze Bemerkung, zu der Aussage:Wenn man die Verantwortung der Deutschen für die Verbrechen der Vergangenheit einfordert, stellte man alle Deutschen unter Generalverdacht, Nazis zu sein. Das ist Unsinn und wird auch durch ständiges Wiederholen nicht wahrer.
    Jetzt ist die Antwort doch länger ausgefallen als beabsichtigt.

    Gruß
    rabenvogel

  • Das entwickelt sich hier ja zu einer wunderbaren politischen Diskussion.

    Es gibt in diesem Zusammenhang einige Aspekte, die ich gerne ansprechen möchte.

    1. Die Deutschen haben ein grosses Problem mit dem Nationalbewusstsein; das ist nämlihc gar nicht vorhanden.
    Ich kann eure oben gemachten Äusserungen verstehen, nur auf etwas stolz sein zu können, was man selber vollbracht hat.
    Allerdings bin ich auch stolz darauf, dein Deutscher zu sein und fühle mich auch entsprechend so (hier meine ich besonders das Verhalten im Ausland). Als Vorbild sehe ich da die Franzosen oder die AMerikaner.

    Da weht häufig im Ort oder in der Stadt die Nationalflagge. Sowas ist in Deutschland immer noch nicht ohne Bedenken möglich bzw, man kommt gar nicht auf die Idee. Nur weil man meint, aufgrund der dutschen Vergangenheit kann man sich so etwas nicht trauen (Thema Verantwortung weiter unten). Und das finde ich schade. Toll finde ich es, dass z.B. der Deutschlandfunk vor Mitternacht die deutsche Hymne spielt. Ebenso bei der CDU auf Parteitagen wird die Hymne gesungen.
    Undenkbar bei einigen anderen deutschen Parteien.

    2. Die Rolle des NS und seine Auswirkungen auf die heutige sowie künftige Generationen:

    Ich will gar nicht viel sagen, nur soviel: Die Deutschen haben aufgrund ihrer Vergangenheit eine bestimmte Verantwortung: Dieses sollte darin liegen, besonders sensibel mit dem Thema Judenermordung etc umzugehen. Daher stimme ich Amsterdammer und seinem Zitat von Thierse voll und ganz zu.

    Schuld trifft, tja, wen trifft sie ?

    Man ist sich ja noch nichtmal imKlaren, inwieweit die Generation zur NS-Zeit eine Verantwortung hat.

    Allerdings sollte es unterlassen werden, Auschwitz und die Judenermordung immer wieder als Moralkeule zu benutzen bzw. die Juden zu instrumentalisieren (siehe Fraggle, glaub ich).

    3. Aktuelle themen wie Möllemann oder Hohmann

    Das fehlende Nationalbewusstsein erklärt den verquerten Umgang der Deutschen (Medien) mit den Äusserungen der beiden Politiker. Ein deutlicher und klarer Umgang mit Themen, die sich mit NS befassen,ist einfach nicht möglich.
    Die inakzeptable Rolle von jüdischen Vertretern wie Knobloch oder Friedmann will ich gar nicht erwähnen.
    Da bilden sich manche ein, Israel darf nicht kritisiert werden. Da glauben manche, es ist ein Skandal, dass Herr Möllemann die palästinensischen Selbstmordattentäter verstehen kann.


    Für solch ein Thema wär ein Chat bzw. ein Gespräch am runden Tisch wohl am geeignetsten. So kann eine eigene Meinung nur unzureichend dargestellt werden.

    PS: Thema NPD im Osten

    Der europäische Zentralrat der Juden wies auf seiner tagung vor wenigen Tagen auf die wachsende Bedrohung der rechtsradikalen Parteien im Osten D'lands hin..... BITTE ?
    Beschäftigt man sich damit, warum die NPD und DVU gewählt wurden, wir dman ganz schnell erfahren, dass der Zuwachs nur auf Protest zurückzuführen ist.

    PS: Die Entgleisung von PRinz Harry finde ich insofern sehr problematisch, als der sensible umgang mit allen möglichen NS-Zeichen und der damit ins Gehirn drängenden Ideologie immer nochn nicht verstanden wird.

  • ich bitte nochmal wirklich zwei begriffe nicht durcheinader zu werfen und exakt zu bleiben.

    ich spreche nicht von der verantwortung der deutschen, sonder von der verantwortung deutschlands. (thierse auch)

    das ist ein gewaltiger unterschied, diesen begriff habe ich jetzt mit absicht gewählt. die deutschen gibt es nicht, auch nicht die juden, aber wohl: das deutschland, aber wohl: das jüdische volk!

    gruss

    "Krieg ist ein zu ernstes Geschäft, als daß man ihn den Generälen überlassen dürfte." Georges B. Clemenceau (1841-1929), Französischer Journalist und Politiker/Ministerpäsident