Kann sich in Deutschland eigentlich jeder alles erlauben?

  • Fraggle: mit Deinem letzten Posting hast Du sicherlich recht. Aber trotzdem noch ein Wort zur Generalschuld gegenüber bestimmten Gruppen, namentlich der katholischen Kirche.

    Ich denke es macht einen großen Unterschied ob ich jemandem - einer Person oder eine Gruppe - gegenüber Kritik äußere (verbal, meine ich damit) und diese im Idealfall sogar sachlich begründen kann oder ob ich irgendwelche abstrusen Dinge streue und unter Umständen sogar noch zur Gewalt aufrufe wie es die Nazis im Falle von Juden/Sinti & Roma/Homosexeullen/Andersdenkenden/... gemacht haben. Ich denke weiterhin: Kritik zu äußern ist eine Art auszudrücken daß man immer noch bereit ist sich mit demjenigen auseinanderzusetzen.

    Ich sehe Religion als solche nach wie vor nicht als etwas schlechtes, das Problem sind - wie in jedem Bereich - die Fanatiker. Sicher sind nicht alle katholischen Priester erzkonservativ, und genauso wenig sind die heutigen Führungskräfte der RKK für die damaligen Vergehen derselben verantwortlich. Der Unterschied ist wie gesagt die Lernfähigkeit. Und die geht - eher bei den Oberen als bei den Schäfchen - häufig gegen Null. Das ist eben das Problem.

    Gruß
    Rick

    Windows 7 • Windows XP • MacOS 10.14.2 • It's better to be hated for what you are than to be loved for what you're not.

  • Die Verantwortung der Deutschen für die Menschen, die Opfer des Terrors
    des Deutschen Reiches geworden sind, schließt die Verantwortung für die Opfer anderer Verbrechen nicht aus, sondern gehört meiner Meinung nach zu dieser Verpflichtung, bei unwürdiger Behandlung von Menschen nicht wegzuschauen, sondern dagegen einzuschreiten,soll das Genkenken an die Opfer nicht zum wohlfeilen Gerede werden.
    Zudem muß man eine menschliche Konstante beachten. Die Anteilnahme am Leiden anderer nimmt mit der Entfernung ab. Der Genozid an Juden und Zigeunern ,der in Deutschland und in den von der Deutschen Wehrmacht besetzten Ländern verübt wurde, geht uns mehr unter die Haut als der Genozid in Ruanda. Der Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien berührt uns mehr als der Bürgerkrieg in Kolumbien oder in ACEH. Wer wußte denn hier bei uns vor der Flutkatastrphe etwas von den Verbrechen gegen die Menschlichkeit in dieser indonesischen Provinz?
    Durch die Globalisierung scheint sich aber allmählich ein Wandel zu vollziehen, was sich zum Beispiel an der großen Hilfsbereitschaft nach der Flutkatastrphe in Südasien gezeigt hat. Das macht Hoffnung.

    Gruß
    rabenvogel

  • Tja ... es hätte mich auch gewundert wenn "man" dort lernfähig gewesen wäre. Und selbst unter dem Aspekt, daß man eine ganze Gruppe zwangsläufig nicht für die Handlung ihrer Mitglieder verantwortlich machen kann, denke ich daß in diesem Fall etwas Pauschaulisierung zumindest entschuldbar ist.

    Gruß
    Rick

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  • Bevor dieser Papst Äusserungen zum Holocaust von sich gibt, sollte er sich besser für das Versagen seines Vorgängers Papst Pius XII (1876-1958) entschuldigen. Da dies nicht geht (ein Papst ist "unfehlbar"), ist die katholische Amtskirche (nicht die Gläubigen) historisch gesehen inkompetent in Fragen des Holocaust.
    Pius XII und der Holocaust

    Der katholischen Amstkirche ist nie eine Entschuldigung für ihr Versagen im Dritten Reich aus der Feder geflossen,
    im Gegensatz zur Evangelischen Kirche:
    Stuttgarter Schuldbekenntnis

    Mitunterzeichner damals der spätere Bundespräsident
    Gustav Heinemann

    Übrigens: Im Gegensatz zu Deutschland kennt der Vatikanstaat nicht den Strafrechtsbegriff zur "Volksverhetzung" (§ 130 StGB, hier: Abs.3). Der Papst steht also nicht auf der juristischen Anklagebank, der Kardinal Meisner wohl.

    Gruss

    EDIT: btw, weils hier hineinpasst:
    dem oben erwähnten überzeugten Christen Gustav Heinemann ist es zu verdanken,
    dass der Paragraph 218 (Abtreibungsverbot) vor ca. 30 Jahren in Deutschland abgeschafft wurde!
    Heinemann's Strafrechtsreform

    "Krieg ist ein zu ernstes Geschäft, als daß man ihn den Generälen überlassen dürfte." Georges B. Clemenceau (1841-1929), Französischer Journalist und Politiker/Ministerpäsident

  • Na in der Kirche dauert manches halt länger. Vielleicht schaffen sie es diesmal mit der Entschuldigung schneller als bei Gallileo.
    Alelrdings hoffe ich, daß dabei eindeutig ein Fehlverhalten der damaligen Kirche festgelegt wird, und daß damals sich nicht an die Kirchengesetze gehalten wurde. Also ein eindeutiges Fehlverhalten der damaligen Kirche zugeben, aber die heutige Kirche von der damaligen strikt distanzieren.

    Auch wenn es jetzt wie ein widersprechen klingt - was es nicht sein soll - man kann der Kirche deswegen keine Inkompetenz vorwerfen. Dann dürften viele Länder und Institutionen sich nicht über diese Problematiken äußern. Sie dürfen sehr wohl kritisieren, allerdings sollten sich das Fehlverhalten eingestehen bzw Kritik gegen sich gefallen lassen solange es nicht kommt.

    RickJ:
    Da stimme ich Dir zu. Auch bei der entschuldbaren Pauschalisierung. Bei dieser bin ich einfach nur vorsichtig, denn man weiß nicht beim Gegenüber, ob er/sie sich dessen bewußt ist.