• Zitat von Scott63

    Was hat das jetzt damit zu tun, dass ein Deutscher Papst geworden ist?

    Dieser Deutsche, der deiner Meinung nach ja Normalisierung bringt bzg. der "deutschen Erbsünde", hat sich schuldig gemacht; geschwiegen, vertuscht - u.a. an Vergehen an Schutzbefohlenen - Wien - Passau - Kreis Fulda. Und da habe ich noch nciht Amerika herbeizitiert, wo's ja ganz schlimm war. Er war nicht ein kleiner Provinzpriester, nicht der Flakhelfer, wo dies geschah, er war Kardinal in Rom, die rechte Hand (der Geist) von seinem Vorgänger. Insofern ist der deutsche Papst - und das klingt nun hart - kein Aushängeschild des kath. Glaubens. Eher die bestätigung, das Feuer einiges richten soll.

    zu deiner 2) Das hat mit Aktzeptanz nichts zu tun. Das ist pures Klakül. WEr sind die Kardinäle, wieviele hat Johannes Paul II berufen? Es ist bekannt, das er "gleichgesinnte" berufen hat. Glaubst dann, das "deutsch" die Grundlage war? Nee, die Mauern der kath. Kirche wackeln arg, und niemand ist besser geignet diese Mauern wieder zu festigen, wie Ratzinger. Das ist Logik. DEr Mann hat einen eisernen Willen, Wortgewand, sehr gute Bildung und alles andere als weltfremd. Der weiß sehr wohl, wo es langgeht. DEn würde ich auch wählen, wenn ich diese Interessen verstärken wollte.

    Also "deutsch" ist hier nun wirklich nicht angesagt. Hier geht um mehr. Das Ziel ist die Welt, nicht Deutschland.

    Tóg go bog é

  • Vieleicht eine handvoll nachdenkliche Anmerkungen in dieser ziemlich
    glatteisigen Diskussion.

    Mir ist es herzlich togal,ob das Oberhaupt der katholischen Kirche ein
    gebürtiger Deutscher ist.
    Ich selber zolle ihm den Respekt,dem auch den Oberhäuptern anderer
    Glaubensrichtungen zukommt.

    Ich selber bin bei meinen Auslandsaufenthalten niemals mit den
    Greueln des Naziregimes in Verbindung gebracht worden;ich habe mich nie"rechtfertigen" müssen.

    Nichtsdestoweniger bin ich der Ansicht,das bestimmte geschichtliche
    Begebenheiten nicht in Vergessenheit geraten sollten.

    "Kollektivschuld" oder eine zusammenhängend "Blutschuld" gibt es für mich nicht - ich finde den Gedanken ziemlich irritierend.

    Schade finde ich,mit welcher sportlichen Verve derlei Dinge in diesem
    Zusammenhang in die Runde geworfen werden.

    Meinen Enkeln,so es die dann gibt,werde ich genau das erzählen,was mein
    prospektiver Erkenntnisstand dann ergibt.

    Im Moment bin ich *froh* in Deutschland geboren zu sein.

    Hrrmmm.

    P.

  • Wie in Deutschland:

    Wir haben die Wahl: alle werden gewählt, keiner hat die Macht,
    alle sind an der Macht.

    Katholiken sind glücklicherweise nicht in der Mehrheit.

  • Wie in Deutschland:

    Wir haben die Wahl: alle werden gewählt, keiner hat die Macht,
    alle haben die Macht.

  • Zitat von Scott63

    Auch angebliche 'Randgruppen' (RickJ) sind wohl kein Thema. Warum?

    Weil in einer normalen Welt Menschen solange Respektiert werden sollten, wie sie anderen keinen Schaden zufügen - so jedenfalls meine Ansicht der Dinge. Und das ist für mich unabhängig von Geburtsort, Religion, sexueller Orientierung, bevorzugtem Getränk oder gar Musikgeschmack ;)

    Eben mit der Einschränkung: solange anderen kein Schaden zugefügt wird. Und selbst wenn ist dann noch die Frage, ob einer der genannten Faktoren damit in kausalem Zusammenhang steht. Ich bin in der Grundschule öfter von einem Türken verprügelt worden. Sind deswegen alle Türken oder alle Moslems Schläger? Sicher nicht. Ich bin genauso von Deutschen, Christen, vermöbelt worden und würde genauso wenig den Umkehrschluß ziehen.

    Hitler hat es geschafft, in einer Zeit, in der es den Leuten schlecht geht, diesen allgemeinen Frust auf Randgruppen umzulenken. Plötzlich hatte man jemandem, dem man die Schuld dafür geben konnte, jemand, auf den man seine Wut projizieren konnte. Genau da sehe ich auch heute die Gefahr: den Menschen geht es wieder schlecht. Das praktiziert die Kirche in ähnlicher Form seit Jahrhunderten: auch da sind es immer wieder Randgruppen, die ausgegrenzt werden. Man projiziert den Haß auf Minderheiten, praktiziert die Ausgrenzung aufgrund völlig sinnloser Kriterien ...

    Sind alle Mitglieder der katholischen Kirche Schuld daran? Nein, sicher nicht - es gibt genügend Leute, denen der Führungsstil der obersten Ebene nicht paßt. Genauso gab es im Nazi-Deutschland viele Leute, die nicht mit dem Regime einverstanden waren. Manche haben sich im kleinen gewehrt und einzelnen Menschen geholfen, andere haben sich offen gewehrt und dafür mit dem Leben bezahlt. In beiden Fällen waren es Minderheiten, vielleicht gepaart mit Hoffnungslosigkeit, doch nichts erreichen zu können - hätte man eine Chance gesehen, ich bin mir sicher, in Deutschland hätten sich deutlich mehr Leute zur Wehr gesetzt wenn sie gewußt hätten was passiert. Nun, letzteres ist Geschichte und wird sich nie belegen lassen, denn mit 60 Jahren Abstand spricht sich leicht darüber - und sicherlich auch mit leicht verklärtem Blick. In der Kirche dagegen haben die Gläubigen keinen Einfluß - sie können höchstens austreten oder sich hocharbeiten, was aber mit alternativen Ansichten sehr schwierig ist.

    Was ich mir für die Welt - und speziell von Papst Benedikt XVI. - wünsche ist einfach ein bißchen mehr Normalität. Die katholische Kirche hat die Macht, und sie könnte diese Macht so sinnvoll nutzen, ohne sich dabei einen Zacken aus der Krone zu brechen. Einzig ein paar Feindbilder müßten daran glauben ...

    Naja, warten wir ab was uns die Zukunft bringt.

    In diesem Sinne: Gute Nacht

    Gruß
    Rick

    Windows 7 • Windows XP • MacOS 10.14.2 • It's better to be hated for what you are than to be loved for what you're not.

  • Scott63

    Ich habe niemanden angegriffen!
    Ich habe nicht behauptet, das hier jemand "Schuld" oder "Verantwortung" für die Greueltaten der Naziz trägt!
    Ich habe das Thema "Papstwahl" und "jungere Geschichte" nicht in einem Atemzug genannt!

    Ich habe meine Betroffenheit zum Ausdruck gebracht, das Du das getan hast, nämlich die Wahl eines deutschen Kardinals als Nachfolger eines polnischen Papstes zum Anlass zu nehmen, ein Ende des Erinnerns an die "jüngere Geschichte" zu forden ("Damit muss endlich Schluss sein"), und dies am Jahrestag des Beginns des Austandes im Warschauer Ghetto. Das war eine falsche Bemerkung zum falschen Zeitpunkt! Mich interessiert nicht die Wahl eines Deutschen zum Papst, mich interessiert der unsensible Umgang mit unserer Geschichte.

    In diesem Thread sind Begriffe durcheinander geworfen worden: "Deutsche" und "Deutschland" sowie "Schuld" und "Verantwortung": keiner der heute leben Deutschen trägt Schuld oder Verantwortung für die Greueltaten der Nazis (vielleich ein paar über 85-jährige noch), aber Deutschland als Rechtsnachfolger des Dritten Reiches trägt historische und juristische(!) Verantwortung für das, was geschehen ist. Die Forderungen, damit "Schluss" zu machen, sind unakzeptabel!

    Bundestagspräsident Thierse hat am 1.9.2002, dem 63. Jahrestages des Überfalls Deutschlands auf Polen, eine beeindruckende Rede im plonischen Parlament gehalten. Ein Auszug:

    Zitat

    ...Die Schuld, die Deutschland auf sich geladen hat, darf nie vergessen werden. Wenn diese Schuld auch nicht übertragbar ist: die Verantwortung, die aus ihr erwächst, ist sehr wohl übertragbar. Ich betrachte es als Verantwortung meiner Generation und unserer Nachkommen, dass die Vergangenheit stets als Mahnung präsent bleibt...

    Die ganze Rede kann >>hier<<nachgelesen werden.

    Rainer

    "Krieg ist ein zu ernstes Geschäft, als daß man ihn den Generälen überlassen dürfte." Georges B. Clemenceau (1841-1929), Französischer Journalist und Politiker/Ministerpäsident

  • Zitat von Amsterdammer

    Scott63
    Ich habe meine Betroffenheit zum Ausdruck gebracht, das Du das getan hast, nämlich die Wahl eines deutschen Kardinals als Nachfolger eines polnischen Papstes zum Anlass zu nehmen, ein Ende des Erinnerns an die "jüngere Geschichte" zu forden ("Damit muss endlich Schluss sein"), und dies am Jahrestag des Beginns des Austandes im Warschauer Ghetto. Das war eine falsche Bemerkung zum falschen Zeitpunkt!

    Was soll das denn bitte Amsterdammer? Wieso wieder eine falsche Bemerkung zum falschen Zeitpunkt. So ein Blödsinn. Du hälst ja wiederum den Zeigefinger und den Spiegel hoch. Und das ist für mich - und für viele andere ebenfalls - mittlerweile nicht mehr zumutbar. Ich möchte das sagen können was ich denke. Sicherlich werde ich keinen dabei persönlich verletzten wollen. Wenn ich aber über Nazi-Deutschland sprechen möchte, dann mag sich keiner direkt angegriffen fühlen - und wenn doch ist das sein Problem.

    Mir ist es einmal in einer Runde von 8 Leuten in einer Kneipe in den Niederlanden passiert, als wir uns kritisch über Nazi-Deutschland unterhielten, dass auf einmal unser Tischnachbar forderte diese Unterhaltung einzustellen, weil er doch bitteschön eine Grossmutter im KZ verloren hätte. Diese Aufforderung erfolgte auf eine unmissverständliche Art und Weise und sehr drängend. Ich erklärte ihm, dass es mir sehr leid tuen würde wegen seiner Grossmutter, er aber ebenfalls unmissverständlich von mir eine Ohrfeige bekäme, wenn er mir noch einmal das Reden verbietet.


    Zitat von Amsterdammer

    Mich interessiert nicht die Wahl eines Deutschen zum Papst, mich interessiert der unsensible Umgang mit unserer Geschichte.

    Was bitte schön nennst Du unsensibel. Das falsche Sagen zum falschen Zeitpunkt. Ich bitte Dich sehr. Es sind jetzt 60 Jahre nach Kriegsende vergangen. Wir dürfen niemals vergessen was geschehen ist. Aber es ist jetzt Feierabend mit dem ständigen Zeigefinger-Heben, mit den Reparationszahlungen und mit den ständigen Ermahnungen der Judenvertreter.

    Zitat von Amsterdammer

    In diesem Thread sind Begriffe durcheinander geworfen worden: "Deutsche" und "Deutschland" sowie "Schuld" und "Verantwortung": keiner der heute leben Deutschen trägt Schuld oder Verantwortung für die Greueltaten der Nazis (vielleich ein paar über 85-jährige noch), aber Deutschland als Rechtsnachfolger des Dritten Reiches trägt historische und juristische(!) Verantwortung für das, was geschehen ist. Die Forderungen, damit "Schluss" zu machen, sind unakzeptabel!

    Deine Aufforderung ist unakzteptabel.

    Regst Du dich eigentlich auch über die Amerikaner und die Briten so auf. Diese Länder drehen sogar noch Spielfilme über die Ausrottung der Indianer und über die Unterdrückung der von ihnen besetzten Länder. Mein Gott wie pervers, und nur weil die das bessere Management haben, wird das akzeptabel ?

    Zitat von Amsterdammer

    Bundestagspräsident Thierse hat am 1.9.2002, dem 63. Jahrestages des Überfalls Deutschlands auf Polen, eine beeindruckende Rede im plonischen Parlament gehalten. Ein Auszug:

    1. Der Thierse kann in seinem Namen reden, aber nicht in meinem.
    2. Wenn er dies als Mahnung versteht ist das in Ordnung. Nur sollte diese Mahnung nicht alltäglich dem Deutschen aufs Butterbrot geschmiert werden. Die Geschichtsbücher behandeln das Dritte Reich - glaube ich zumindest- in ausreichender Art und Weise. Jeder Schüler(in) bekommt das in der Schule gelehrt. Genauso wie z.B. Amerikanische Geschichte. Das reicht.

  • Zitat von FR vom 20.04.2005

    Weil Ratzinger ein brillanter Kopf ist, hört der angebliche Zeitgeist nicht ungern hin, wenn er vom Kardinal gemaßregelt wird. Zumal er intellektuell auf der Höhe der Zeit ist und durchaus weiß, wo er das Unbehagen an der Gegenwart auch bei weniger katholischen Zeitgenossen zu packen bekommt. Ratzinger sieht die Welt zwischen den radikalen Polen von Vernunft und Religion zerreißen. Zwischen islamistischem Glaubensterror und gentechnischer Selbsterschaffung. In beidem sieht er Extremismus am Werk. Darum will er die Religion an die Vernunft binden und die Vernunft an die Religion. Was keineswegs nur Theoriegebäude ist. Konkret bedeutet das alles für Ratzinger: Der Islam muss vernünftiger werden. Europa muss gläubiger werden. Also: christlicher.

    Er sieht Kirche und Christentum in Europa weiter angefeindet. Bedroht vor allem durch eine "Diktatur scheinbarer Toleranz, die den Anstoß des Glaubens dadurch ausschaltet, dass sie ihn als intolerant erklärt". Doch diese Auseinandersetzung ist für ihn immer eine intellektuelle, der sich die Kirche keineswegs durch Rückzug in pure Frömmigkeitsübungen entziehen kann.

    Tóg go bog é

  • Zitat

    Darum will er die Religion an die Vernunft binden und die Vernunft an die Religion.

    Religion und Vernunft sind zwei Dinge, die nicht besonders gut in Übereinstimmung zu bringen sind. Bei der Religion geht es um Glauben, bei der Vernunft um Beweisen. Niemand kann beweisen, daß es überhaupt einen Gott gibt und wenn es denn einen gibt, in welcher der vielen Religionen (oder vielleicht in allen?) er eigentlich zu finden ist. Man kann das nur glauben - oder eben nicht glauben und das hat wenig mit Vernunft zu tun.

  • Ende der Sechziger, von meinem 9. bis 12. Lebensjahr, war ich in einem streng katholischen, von Nonnen geführten, Heim für schwer erziehbare Kinder untergebracht. Dieses Heim befand sich in Marktl am Inn, der Heimat Ratzingers, nahe dem Wallfahrtsort Altötting. Ich kenne die Gegend also sehr gut, war auch kürzlich anläßlich eines Besuches wieder dort, und ich darf vielleicht an dieser Stelle mal bemerken, daß es meiner Ansicht nach einen schwärzeren, katholischeren, konservativeren, marienverherrlichenderen Ort in Deutschland nicht gibt. Oder andersherum: Man lebt dort ganz gut vom "Glauben" und den Millionen Wallfahrern jedes Jahr, und die Marienverehrung und Wundergläubigkeit dort ist schon fast grotesk.
    An meine Zeit im Heim erinnere ich mich heute noch sehr gut. Eine ordentliche Tracht Prügel war ein probates Mittel, um Kinderwillen zu brechen, erwachende Pubertät und Sexualität waren Teufelswerk, und alle Zeitlang kam ein Priester vorbei und erzählte uns Kindern vom leibhaftigen Teufel und von Exorzismen, die er selber durchgeführt hatte. Ich hatte böse Träume damals und auch noch lange danach.
    Ich sag's mal so: Wer in dieser Gegend eine Zeitlang leben muß, hat einen weg für's Leben, wer dort gar seine ganze Kindheit verbringt, der wird nie wieder gesunden Geistes, auch nicht als Papst. Daß der ehem. Kardinal Ratzinger und jetzige Papst Benedikt XVI. über einen überragenden Intellekt verfügt und ein gewiefter und kampferprobter Taktiker ist, macht die Sache nicht besser, im Gegenteil.
    Andererseits: Aus der Sicht des Klerus gibt es im Augenblick ganz sicher keinen Besseren.

    Grüße, Ziggy

    Ein ganzes Leben ohne Alkohol kann tödlich sein!

  • Ziggy

    Danke für diesen sehr aufschlußreichen und informativen Beitrag, der von Erfahrung und persönlichem Wissen geprägt ist und nicht wie bei den meisten vorhergehenden sich auf Mutmaßungen, Klischees und theoretischem "ich-sitze-in-meinem-Kämmerlein-und-denk-mir-was-zurecht" beruht oder noch besser, die triefend vor Moralisierung eigene scheinbare Betroffenheiten zum Besten geben.

    Meint grounded

  • da kann ich mich grounded nur anschliessen.

    Zur Debatte über Deutschland/Vergangenheit will ich hier nichts sagen. Das hatten wir schon desöfteren und erschöpfend diskutiert.

    Hinsichtlich Ratzinger will ich einfach mal abwarten und ihm eine Chance geben. Neueste Meldungen von der Predigt heute klangen recht vielversprechend.

  • Zitat

    ... und nicht wie bei den meisten vorhergehenden sich auf Mutmaßungen, Klischees und theoretischem "ich-sitze-in-meinem-Kämmerlein-und-denk-mir-was-zurecht" beruht...

    ... dann sei so gut, und fülle mal hiesigen Kühlschrank auf. Hab dich doch lange genug durchgefüttert. ;)

    Tóg go bog é

  • Scott63:
    Schade, daß es hier keine Ignorelist gibt.

    Dieses plakative Gekeife ist ekelhaft.

    PS:

    Zitat

    'Schluss mit dem Schuldkult', so lautet das Motto der geplanten Demonstration der NPD für den 60. Jahrestag des Kriegsendes.

    Quelle: STERN Shortnews

    Lieber einmal zuviel paranoid als einmal zu wenig!