Abschiedsbrief von Sebastian B.

  • kann ich nicht gelten lassen.

    Meine Probleme waren nicht weniger - ich werde sie hier nun nicht aufzählen, ging von Prügelstrafe bis hin auf sexuellen Zugriff -, der anderen Kinder auch nicht (Themantik "Mühlbruchstraße, das assoziale Ghetto der Stadt Frankfurt, /me war in der Nachbarstraße, weswegen Kinder sogar von Lehrern öffentlich denunziert und als minderwertig eingestuft wurden -Vater Säufer, im Knast, Mutter mit dei Kindern auf sich alleine gestellt... Es gab den Begriff "schwer erziehbar" - heute nennt sich das "aufgewckt und "kreativer Geist, besonders förderungswürdig", weswegen Kinder den Eltern entzogen und in ein Heim gesteckt wurden). Keiner von ihnen ist Amok glelaufen. Die, die ich kenne, aus denen ist etwas geworden. Die Mutter hat sie gut geschubst. Aber nicht alle hatten das Glück einer Mutter, einige die im Heim landeten, sah ich viele Jahre später in der B-Ebene Hauptwache (Heroinabhängig). Doch ein Fall fällt mir ein, der war im Puff und hat eine Prostituerte abgestochen, weil die ihn gehänselt hat. Der einzige Fall, wo ich kenne, eines gewaltsamen Übergriffs mit Folgen... (weiß ich nicht mehr, ob die Frau den Verletzungen erlag). Anderer Fall ist in der Psychatrie Marburg gelandet, der hat sich halb tot gesoffen.

    Und es gab kein Internet, keine Foren, keine Seelsorge für Kinder, keine Notrufnummer für Kinder... ich war nicht im Knast, nicht mal in der Jugenstrafanstalt. Einzig mal Ersatzstunden ich machen mußte, weil ich heim nach Frankfurt wollte und Fahrad geklaut habe, weils geregnet hat und keiner ein trampendes Kind mitnahm. Mann muß nicht...

    Davon mal ganz abgesehen, weibliche Amokläufer sind so gut wie nicht verzeichnet... Haben die Mädels es leichter?

    Tóg go bog é

  • Zitat von DasIch

    Irgendwie kann ich den Typen verstehen. (..) Wenn jemand versucht Aufmerksamkeit zu schaffen wird er ignoriert, der Typ hat das auch gemerkt und eine Lösung gefunden(bevor wer was sagt, fällt euch was anderes ein?). Wer sagt das diese Tat unverzeihlich ist sollte mal dran denken dass Mobbing usw. genauso wie das wegschauen, nicht weniger schlimm sind.


    Natürlich fällt mir was anderes ein in einer schlimmen Situation als andere Menschen wahllos zu ermorden. (Dass keiner umgekommen ist, dürfte nur Zufall sein).

    Und es IST schlimmer als Mobbing/wegschauen. Wenn dir das nicht klar ist, hast du ein großes Problem.

    Wieso machst du dir Gedanken über den Täter und kannst ihn verstehen?

    Wieso machst du dir keine Gedanken über die Opfer - die übrigens in derselben Gesellschaft leben wie der Täter?

    Was weißt du über die Lebensgeschichte und den Lebensfrust z.B. des Hausmeisters, der einen Schuss in den Bauch bekommen hat?

    Ich habe letzten Sommer ein Mädchen im Urlaub getroffen, dass das damals in Erfurt miterlebt hat. Obwohl nur Zuschauer und nicht körperlich verletzt, ist sie immer noch seelisch fertig und benötigt Hilfe. Sie kam danach mit Schule nicht mehr klar, musste abbrechen, hat sich mit ihrem Freund verkracht, hat Schlafstörungen und noch mehr.

    Wenn die das hier lesen würde ...

    Und da kommen hier Leute, die mit dem Täter mitfühlen?

    Ich finde es ok, so einen Brief mal zu lesen, um die Gedanken des Täters zu erfassen.

    Aber im Mittelpunkt sollten die Opfer stehen.

  • Mobben, wegschauen usw. ist soviel schlimmer? Nur weil dort nur eine Seelische Probleme hat? Jeder der es wusste, jeder der gemobbt hat und getroffen wurde, für keine dieser Personen hab ich Mitleid. Für alle andere hab ich bedauern, jedes Schuss auf so ein Opfer, war ein unverzeihlicher Fehler.

    Mozilla/5.0 (X11; U; Linux x86_64; de-DE; rv:1.9.1.1) Gecko/20090702 Firefox/3.5

  • Größtenteils emfpind ich auch das er Recht hat - Die ganze Welt wie sie zur Zeit ist, bzw die Zivilisation an sich, ist Sinnlos, unbarmherzig und Kalt. Es dreht sich alles ums Geld, und Leute die da aussteigen wollen aber Labil sind, laufen dann eben schonmal Amok. Ich kann das gut nachvollziehen, wenn ich auch selber niemals andere Menschen, auch die die ich vermeintlich Hasse, über den Haufen knallen könnte.

    Ich bin selber auch immer ein Außenseiter gewesen, ich habe keine Arbeit, keine berufliche Ausbildung, empfange keine staatlichen Leistungen, habe kein Handy, kein Auto, keine Wohnung. Aber ich habe das freiwillig gewählt und bin glücklich so.

    Wenn man aus der Zivilisation aussteigen möchte, dann kann man das tun indem man in den Untergrund abtaucht, in dem man loszieht und die Schweine die einen ignorieren oder vor einem fliehen weil man einen Iro trägt oder seit 10 Minuten nicht geduscht hat nachpöbelt und dann schlichtweg vergißt.

    Also ich find sein Abschiedsbrief ziemlich gelungen, auch wenn er sich nicht so als Held und Revolutionäre Speerspitze aller Gesellschaftsverächter aufspielen sollte, und auch nicht als Faschist der andere Menschen abschlachtet die selber das Opfer von Erziehung und Manipulation aus den Medien und Staat geworden sind. Er hätte lieber ein Regierungsgebäude oder ähnliches in die Luft jagen sollen.

  • So meinte ich das auch.

    Immerhin redete Sebastian B davon das er sich als sowas wie Anarchist und Revolutionär sieht - und da sollte man lieber den Staat, im speziellen dessen Instrumente attackieren und nicht seine Klassenkameraden, auch wenn man ihre Ignoranz verabscheut.

  • Du weißt, daß sowohl RAF I als auch RAF IV gescheitert sind? Würde es etwas ändern an der Einstellung derer, die nach deiner und anderer Meinung, eine Mitschuld am Tod von Sebastian B. tragen?

    Tóg go bog é

  • SiT, du vestehst da was falsch. Ich rufe nicht den toten Jungen dazu auf wieder aus seinem Grab zu grabbeln und einen Kampf gegen das System aufzunehmen. Ich sage lediglich das es unlogisch von ihm war aus (unter anderem) politischen Beweggründen - zumindest hat er es so dargestellt - seine Mitmenschen abzumurksen. Das ist alles.

    Ich hatte in keinster Absicht vor Sebastian dazu zu bewegen zur RAF überzutreten

  • nochmal :)

    du sagst, er hätte besser dies und das sprengen sollen... statt seine Klassenkameraden anzugehen...

    Jetzt frage ich dich, und dann? Entgeht er dem Zwang, unbedingt das neuste Handy, was hier als Beispiel eingebaut wurde, sich zuzulegen, wenn Kaufhof wieder brennt oder ein Regierungsgebäude? Nein, seine Klassenkameraden schauen dann auf seine Schuhe... Den Druck erzeugt das eigene Umfeld. Ist man labil, beginnt ein Kampf, nicht nur mit sich selbst. Jetzt kommen ganz viele Faktoren zusammen.

    Letztendlich ist es die fehlende Courage der Oberflächlichkeit den Stinkefinger zu zeigen. Willst mich nicht mollig, kriegst mich auch nicht dünn. Es ist nicht einfach, aber das ist man doch sich selber wert, oder nicht? Glaubst es ist für Leute einfach, die Dank Fürst Rolands (Hessischer Ministerpräsident) Blackouts und krummen Deals ihr Häuschen dahinbröseln sehen? Wertverlust 400.000 Euro, keine Nacht schlaf... Krankheit. Wollen wir den jetzt umnieten, Wiesbaden in die Luft sprengen, alle Flugzeuge mit ner Flak runterholen, bis sie kapieren, daß München einen viel moderneren Flughafen hat?

    Tóg go bog é

  • Hör/Lies von mir aus nur das was du willst, ich werd hier sicher nich 20 mal das gleiche erklären. Aber für dich nocheinmal: wenn ich von mir behaupten würde ich wär Anarchist und Revolutionär, und dass ich einen Hass auf den Staat habe, auf seine schulischen einrichtungen, auf die Polizei die mich einsperrt wenn ich mich von Gesetzen distanziere (zb Schulpflicht), wenn ich verhungern muss weil ich nicht bis 65 in einer Fabrik malochen möchte, WENN ich das behaupten würde, dann wär es logischer Regierungsgebäude zu Sprengen statt auf 18-Jährige zu ballern. Verstanden?

    Nicht ich habe seinen Brief geschrieben. Bedenk das.

  • Wenn du gemobbt wirst hält man dagegen. Bloß man ist automatisch der Außenseiter. Man merkt schnell das man der Mehrheit gegenübersteht. Was glaubst du wieso kein Land mit der USA in den Krieg ziehen will? Also hält man am besten die Fre**e, man frisst das alles in sich hinein*. Wenn keiner das sieht und der jenige das nicht verkraftet kriegt gibt es den großen Knall. Das heißt nicht sofort das die Person einen Amoklauf macht aber irgendwas passiert.

    *( und bitte hört auf mit den Sachen wie "man kann dann doch zu nem Lehrer gehen" usw. die Realität sieht anders aus. Auch einem Lehrer muss man das erst mal "beweisen", eine praktisch fast unlösbare Aufgabe.

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  • hat auch niemand behauptet.

    Zitat

    Er hätte lieber ein Regierungsgebäude oder ähnliches in die Luft jagen sollen.

    Das stammt aus deiner Feder. Ein Alternativvorschlag. Dies stand bei RAF I (Baader/Meinhoff) zu Beginn.

    Wann brennt das Brandenburger tor,
    wann brennen die Berliner Kaufhäuser
    wann brennen die Hamburger speicher...

    das geht noch weiter, gefunden am 05. April 1968 bei Thorwald Proll.

    Deswegen wahrscheinlich der Hinsweis von hansholbein. Auflehnung gegen das bestehende System (ob von der DDR unterstützt mag mal hier nicht zur sprache kommen) mit diesen Methoden, eben deinen Alternativvorschlag.

    Böses Blut gibt nun folgender Satz: "Der hat schon die richtigen getroffen..." Ich wollte ihn nicht mit ins Feld nehmen, seis nun drumm. Analytisch betrachtet, bist du es, bin ich es - das Umfeld - wenn wir aufgrund von Oberflächlichkeiten jemanden sein lassen, oder abstempeln aufgrund von einer gesellschaftlichen Wertetabelle. Diese Tabelle steht nirgens, die wird gereicht vom Umfeld. Je nachdem, im hohen Vogelsberg sieht die anders aus, selbst auf halben Weg dahin, als in Frankfurt.
    Krasseste Gegensätze habe ich in Berlin erlebt, als Ostberlin noch nicht durch den Westen verdorben war. Mit dieser Jugend, die im Osten anzutreffen war, mit ihrem Geist, ihrer Einstellung, hätten wir vielleicht heute bißchen grüne Wiese im Osten. Naja, der Westen hat viele eingeholt, leider.

    Es ist und bleibt eine Sache der eigenen Kopfhaltung. Jeder ist seines Glückes Schmied. Weder Frau Merkel noch Kaufof oder exSchneider sind für das Verhalten einzelner, aufgrund des Verhalten eines Umfeldes, verantwortlich. du und ich sind es, die jenen, wenn sie uns nicht egal sind, einen Halt bieten können - sinnbildlich. Und wenn sie einen Halt haben, sehen, ich kann auch in Badelatschen zu dir kommen, in Lumpen, dann verschwindet auch der Groll mit der Zeit. Wenn natürlich keine Türe offen ist, ists nicht so gut. Dennoch - die Opfer können vielleicht indirekt etwas dafür, aber sind nicht persönlich dafür verantwortlich, weswegen es immer die falschen sind.

    Tóg go bog é

  • Zitat von DasIch

    Wenn du gemobbt wirst hält man dagegen. Bloß man ist automatisch der Außenseiter.

    Und weiter? Jede Generation hat ihre Außenseiter. Ich bin auch einer, bin ich stolz drauf.

    Mein erster Einschulungstag: Lehrer mußte raus, hat jemanden (Mädel) beauftragt aufzupassen, daß keiner aufsteht. Denjenigen dann melden. Was dann passiert, hat er nicht erzählt. Das hat mich aber beschäftigt. Was habe ich gemacht, Bleistift abgebrochen, aufgestanden zum Papierkorb, Bleistift gespitzt. "Du darfst aber nicht aufstehen..." Wie Kinder so sind. "Das sag ich dem Lehrer" (HerrSchlapp hieß der). Lehrer kam, Mädel hat ornungsgemäß/pflichtbewußt gepetzt. Hab gesagt, Bleistift ist abgebrochen, mußte ich spitzen... Gab es einen eintrag im Klassenbuch, Meldung ans Elternhaus... anderntags hab ich die Reste vom Bleistift auf dem boden entsorgt, also vor mir hingespitzt, durfte ja nicht aufstehen. Das war auch nicht recht. Gab es einen vortrag, wann wir Kinder aufzustehen haben und zum Bleistiftspitzen durfte man dann zum Papierkorb gehen.

    Du siehst, so ein Außenseiterleben, bringt auch Fortschritte für die Gemeinschaft ;)

    Tóg go bog é