Zitat von TarkusNein, so einfach ist das nicht.
Vielleicht nicht ganz so einfach, aber hinsichtlich einer kurzen Beschreibung innerhalb eines Threads im Netz eben imho doch.
ZitatDenn das hieße, eine solche Schuld laste weiterhin auf dem Land. Dagegen wehre ich mich aber als (vielleicht glücklicherweise) später Geborener.
Ich bin auch spät Geborener, denke aber trotzdem, wenn ich mich auf meine Identität als Deutscher beziehe, eine Mitschuld zu tragen.
Ich verstehe das mit dem "Spätgeboren" auch nicht wirklich.
Wenn man fragt, ob man als Deutscher sein Vaterland mag, dann bejahen das viele. Zur Begründung werden meist Errungenschaften der Deutschen genannt.
Auch ich tue das. Auch ich finde es toll, in einem Land geboren zu sein, das so viel tolles wie Deutschland geleistet hat.
Aber an den wenigsten dieser Leistungen war ich persönlich beteiligt. Ich bin halt Spätgeborener und hatte nicht mehr Gelegenheit, an dieser oder jener Errungenschaft beteiligt gewesen zu sein.
Trotzdem beziehe ich mich darauf wie sehr viele andere Deutsche auch.
Nur, wenn ich mich auf positives, was in der Vergangenheit liegt, berufe, wie kann ich oder jeder andere Deutsche dann negatives ausblenden?
Die Identität eines Staatsbürgers bezieht sich immer auf Vergangenes.
Und zur deutschen Identität gehört die Nazi-Zeit hinzu. Die Rosinen raus zu picken aber die schlimmste Zeit von sich zu weisen, halte ich für falsch und feige.
Tut man dies, dann ist man imho kein guter Staatsbürger, man verleugnet einen Teil der eigenen Geschichte als Staatsbürger. Das macht man als Patriot nicht.
Deshalb werde ich als Deutscher auch niemals vergessen, was lange vor meiner Geburt geschehen konnte und dies immer als Mahnung sehen und darauf hinweisen, wenn sich ähnliche Tendenzen wieder zeigen werden.
ZitatZudem muss man bedenken, dass die damaligen Wähler sich wohl nicht intensiver mit Parteiprogrammen beschäftigt haben,
Es geht nicht nur um die Wahlen. Man konnte im Alltag erleben, was geschah. Vielleicht hat nicht jeder mitbekommen, was für Verbrechen konkret begangen wurden. Aber jeder konnte sehen, dass in den besagten Jahren tagtäglich Menschenverachtendes getan wurde, unterstützt von der damaligen Regierung und dem Großteil der Bevölkerung, eben von den Deutschen.
Der Blick auf ein einziges Schild "Juden haben keinen Zutritt" reicht schon, um zu wissen, dass etwas schlimmes im Gange ist. Da braucht man gar nicht zu wissen, was genau in den KZs vorgegangen ist.
So ein Schild zu sehen und ganz normal weiter zu leben, die Augen zu verschließen, reicht schon, um sich auch einen Teil der Schuld aufzuladen.
Und genau das haben die Deutschen damals kollektiv getan.
Deswegen trage auch ich als Deutscher heute diese Schuld mit, deswegen versuche ich mit bescheidensten Mitteln, es nie wieder so weit kommen zu lassen.
Trotzdem, oder gerade deswegen, bin ich Patriot!