Zitat von liraconMitschuld: eindeutig nein, selbst meine Eltern lebten zur fraglichen Zeit nicht einmal.
Mitverantwortung: definitiv nein, ich hatte keine Chance etwas dagegen zu tun, fraglich wäre in der Tat, hätte ich es getan, wäre die Gelegenheit da gewesen. Ich vermute (mehr ist nicht möglich) eher nicht. An dem Punkt, wo definitiv das eigene Leben in Gefahr gewesen wäre, hätte ich jegliche Aktionen "der Verhinderung" relativ sicher eingestellt.
"Schuld" kann sich immer nur auf einzelne konkret aktive und passive (Augenzukneifer) Mittäter beziehen, wobei es damals von den "Einzelnen" reichlich genug gab; es dürfte klar sein, dass die späteren Generationen dafür keine Schuld zu tragen haben; ebenso trägt man keine direkte Verantwortung für ein Zeitgeschehen, in deren Zeit man noch nicht geboren war. Andererseits stehen beispielsweise nach einem angezettelten Krieg durch eine Nation auch die folgenden Generationen für die Folgen des Krieges und in diesem Falle auch für den Holocaust und der Folgen in Verantwortung. Was also die Verantwortung betrifft, muss man dies schon etwas differenzierter betrachten, zumal sich nach zwei angezettelten Weltkriegen und dem Holocaust eine besondere Verantwortung dafür ergibt, dass so etwas nie wieder von Deutschland ausgehen darf - und gerade dafür sind die heutigen Generationen verantwortlich, da die Zeitzeugen nahezu ausgestorben sind und Deutschland wieder eine zentrale Rolle in Europa und der Weltpolitik spielt.
Was die Neonazis angeht, gibt es in der Bevölkerung zum Glück einen recht hohen Widerstand, wie man an diesem Wochenende auch in Köln sehen konnte; die durch die rechtsradikale Partei "Pro Köln" so genannte "Antiislamistische Konferenz", zu der aus ganz Europa Neonazis geladen waren, wurde eine ganz klare und sehr breit gefächerte Absage erteilt, an der sich neben den vielen Gegendemonstranten auch Taxifahrer, Kneipenwirte etc. beteiligt haben, so dass die Faschisten absolut keine Chance hatten, sich auch nur annähernd zu formieren.
Aber dennoch ist das Spektrum der politischen Rechten wie das der politischen Linken stufenlos breit gefächert - links und rechts ist nun mal auch eine inhaltliche Tatsache, an der nichts vorbei geht und die es zumindest gilt, in ein annäherndes Gleichgewicht zu bringen - das Spektrum zwischen Patriotismus und extremem Nationalismus ist inhaltlich ebenso stufenlos, wie es inhaltlich rechts ist. Ebenso steht der überwiegend bürgerlich geprägte Kapitalismus und der sich daraus ergebende Neoliberalismus inhaltlich rechts - sämtliche Programme der CDU/CSU und der FDP sind neoliberal und damit rechts ausgerichtet - und zudem gesellt sich noch der Seeheimer Kreis und der gesamte rechte Flügel der SPD ebenfalls dazu. Die große Koalition ist somit bereits rechts ausgerichtet - sobald sich die SPD auch nur einen kleinen inhaltlichen Schritt nach links bewegt, ist nicht nur bei Union und FDP, sondern auch in sämtlichen Medien gleich von einem Linksruck oder einer rückwärtsgewandten Richtung die Rede - insbesondere wenn es um konkrete Korrekturen an der Agenda-Politik geht, mit der innerhalb der SPD in Wirklichkeit ein inhaltlicher Rechtsruck stattgefunden hat.
Es wird immer behauptet, die Agenda-Politik hätte maßgeblich zur Reduzierung der Arbeitslosenquote beigetragen, wobei es für diese Behauptung absolut keinen empirischen Beweis gibt - bewiesen ist lediglich, dass der Niedriglohnsektor gewachsen ist, was aber schlicht gesagt, im großen und ganzen ganz einfach an der kursierenden Angst um den Arbeitsplatz und der damit einhergehenden Kompromissbereitschaft der Arbeitnehmer liegt, die in den Tarifverhandlungen schon seit fast 20 Jahren immer mehr Einschnitte hingenommen haben - die Angst um den Arbeitsplatz ist auch eine von den Industrie- und Wirtschaftsverbänden geschürte Angst - ein Druckmittel, das sich auch auf politischer Ebene bewährt hat und die politisch neoliberale Ausrichtung nachhaltig beeinflusst, was durchaus als unterschwelliger Eingriff in die demokratische Struktur zu werten ist und einen entsprechenden Rechtstrend innerhalb der parlamentarischen Politik nach vorne treibt.
Zudem ist Deutschland der drittgrößte Waffenlieferant auf diesem Planeten und ist somit indirekt an vielen Kriegen beteiligt - dass die angeblich scharfen Gesetze bezüglich der Waffen-Exporte in Konfliktgebiete nicht wirklich tragen, war vor paar Wochen wiedermal im Fall Georgien zu sehen, als die Truppen von Sarkaschwili - durch viele Kameraeinstellungen belegt - ganz offensichtlich mit deutschen Waffen Südossetien angriffen. Dass von Deutschland kein Krieg mehr ausgehen soll, wird zwar offiziell so dargestellt, aber unterschwellig nicht mehr wirklich ernst genommen - dies bezieht sich ebenso auf den damals entgegen des Völkerrechts durch die NATO beschlossenen Angriffskrieg im Balkan, an dem sich die rot/grüne Regierung in Eintracht mit der Opposition Union/FDP beteiligte. In Sachen Krieg war auch das ein historischer Rechtsruck innerhalb der parlamentarischen Politik Deutschlands - und warum sollte es diesbezüglich anders sein wie im "wahren" Leben: "ist der Ruf erstmal ruiniert, lebt es sich recht ungeniert" - die Hemmschwelle, sich an solchen Kriegen zu beteiligen, ist deutlich gesunken - reicht man den kleinen Finger, krallen sich die Verbündeten, wie z.B. die NATO möglichst die ganze Hand - die Tornado-Einsätze und das Aufstocken der deutschen Truppen in Afghanistan ist ein weiteres Beispiel dafür, wie allmählich das ursprünglich im Parlament beschlossene Mandat unterwandert wird.
Der RECHTSTREND kommt heute mit einem ganz anderen Gesicht daher - von den Konfliktgebieten sind wir relativ weit entfernt und trotzdem daran beteiligt - und dass es bei den meisten Konflikten und Kriegen um Ressourcen und um wirtschaftlichen Machterhalt geht, dürfte auf der Hand liegen, wobei im eigenen Land ein deutlicher Sozialabbau stattfindet, sich der Überwachungsstaat ausbaut, sich die Schere zwischen arm und reich weiter öffnet, die Bildung den Bach runter geht und auf geradezu unsäglich kleinkarierte Weise Stimmung gegen alles, was links ist gemacht wird; die Stimmung, die gegen die Linke ohnehin und zudem gegen den linken Flügel der SPD und somit gegen Andrea Ypsilanti gemacht wird, ist die logische Konsequenz eines breit getragenen Rechtstrend, der als solcher kaum wahrgenommen wird. Wir brauchen eindeutig mehr klar linke Inhalte in der Politik, um wenigstens ein annäherndes Gleichgewicht der politischen Kräfte zu gewährleisten.
Deshalb sage ich: "ANDREA YPSILANTI FOR KANZLERIN!"